Bd. 12 Nr. 12 (2002): ZdF Nr. 12/2002
Die Arbeiterklasse möge doch die Höhen der Kultur erstürmen, forderte Walter Ulbricht zu Zeiten des Bitterfelder Weges, als noch so manche hoffnungsfroh in eine realsozialistische Zukunft blickten, die ihnen später noch bitter aufstoßen sollte. Macht Kultur ihr Proletarier, aber bitte keinen Proletkult und schon gar keine Subkultur wie die Jugend in den Ländern des fernen Westens, wo der Kulturimperialismus herrscht und die Menschheit von bunt schillernden Sumpfblüten betört vor sich hin lebt.
Kultur sei Macht. Machtkultur oder die Macht der Kultur? In der DDR wurde die Kunst als Waffe im Klassenkampf gebraucht. Geschmiedet haben sie die Funktionäre im ZK der SED und allen möglichen offenen und konspirativen Einrichtungen der kommunistischen Kultursteuerung. Auf den Höhen der Kultur mochte sich die Arbeiterklasse breit machen, auf der Kommandobrücke aber saß ihre Avantgarde, die Partei. Neben den Köpfen sollten auch die Herzen der werktätigen Massen erreicht werden. Das musste genau unter Kontrolle gehalten werden. Wer wagte es, heiße Eisen anzufassen und wer hat sich daran die Finger verbrannt? Oder wer hat – frei nach der Devise „Amboß oder Hammer sein“ – sich lieber gleich auf die richtige Seite geschlagen?